„Ein bisserl Weihnachten“ beim KFOR-Kontingent

„Ein bisserl Weihnachten feiern“ will Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) mit dem Bundesheer-Kontingent im Kosovo. Am Dienstag flog sie mit dem Militärhubschrauber Black Hawk vom Weihnachtsbesuch in Sarajewo nach Pristina und dankte den Soldatinnen und Soldaten für ihre „Arbeit in herausfordernden Zeiten“. Die Lage im Kosovo sei zwar ruhig, im Norden des Landes aber „sensibel und angespannt“, führte Kontingentskommandant Markus Mautz aus. Derzeit sind aus Österreich 259 Soldaten und 16 Soldatinnen im KFOR-Einsatz vor Ort.

Der Kosovo – so groß wie Oberösterreich – hat laut der letzten Volkszählung im Jahr 2011 etwa 1,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner, mehr als 90 Prozent der Gesamtbevölkerung sind ethnische Albanerinnen und Albaner. Im Norden ist indes der Anteil an Kosovo-Serbinnen und Kosovo-Serben besonders hoch und die KFOR bereitet sich laut Oberst Mautz permanent auf Ereignisse vor, bei denen die Spannungen eskalieren könnten. Dazu zählt die Parlaments- und Kommunalwahlen am 17. Dezember in Serbien. Kosovo-Serbinnen und Kosovo-Serben werden dafür nach Serbien fahren.

Ungefährlich ist der KFOR-Einsatz nicht, auch wenn die aktuelle Truppenstärke darauf schließen lässt: Waren in der ersten Phase ab 1999 etwa 50.000 Soldatinnen und Soldaten im Kosovo stationiert, sind es heute 4.500 aus 27 Nationen. Erst im Mai wurden 90 KFOR-Einsatzkräfte in der nördlichen Ortschaft Zvecan bei Ausschreitungen verletzt, 60 darunter schwer – zwei ungarischen Soldaten wurden Beine amputiert. 90 österreichische Soldatinnen und Soldaten wurden anschließend im Ort mehrere Wochen lang zur Sicherung eingesetzt. Üblicherweise sind die Österreicherinnen und Österreicher nicht im Norden stationiert. Doch im Zuge der Spannungen im Norden helfen auch die sieben österreichischen Kampfmittelbeseitigungsspezialisten verstärkt, auch ein Dingo – ein gepanzertes Patrouillenfahrzeug – ist speziell dafür in den Kosovo gebracht worden.

Trotz der gewachsenen Spannungen verlässt die Infanteriekompanie, die im Frühjahr nach den Ausschreitungen in Zvecan verlegt wurde, im Frühjahr zusammen mit dem Transportzug als Teil der Transportkompanie den Kosovo. Etwa 120 Soldatinnen und Soldaten aus Österreich weniger werden dann im Land stationiert sein; das Verteidigungsministerium spricht von einer „Effizienzsteigerung“. Ein Teil der betroffenen Kräfte stünden nicht mehr „rund um die Uhr“ vor Ort zur Verfügung, sondern als Reserve in Österreich nur noch „für den Ernstfall“. Zusätzlich beteilige sich das Bundesheer im Jahr 2025 mit 500 Soldatinnen und Soldaten an den schnellen Einsatzkräften der „EU-Battlegroups“ und brauche dafür Einsatzkräfte.

Die Führung der Transportkompanie wird laut Kontingentskommandant Mautz an die Schweiz übergeben. Derzeit liefen die Detailabstimmungen darüber, welche Aufgaben Österreich noch bis wann übernimmt. Derzeit etwa werden Personen und Material vom Flughafen und von Häfen wie Thessaloniki in Griechenland oder Durres in Albanien in das Camp gebracht und umgekehrt.

Die geplante Truppenreduktion im Kosovo wird durchaus kritisch gesehen: Es gehe gerade im Kosovo darum „Präsenz zu zeigen, Prävention ist besser als ein Notfalleinsatz“, so ein Politiker einer Parlamentspartei gegenüber der APA. Ministerin Tanner kontert: Der Einsatzraum Kosovo sei einer der wesentlichsten, „es hat aber nicht immer nur mit der Mannstärke zu tun“. Mittlerweile habe man zusätzliche Möglichkeiten „insbesondere im Aufklärungsbereich“, es handle sich auch um eine Frage, „wie man sich aufstellt“. Es habe bei den Truppen im Kosovo immer wieder Veränderungen gegeben; KFOR sei auch „jetzt in einem Wandel“. Der Fokus liege auf „Aufklärung“, so Oberst Mautz.

Doch das Bundesheer hat generell Nachwuchsprobleme. Laut Verteidigungsministerium fehlen Milizsoldatinnen und Milizsoldaten. Sollen nun 500 Soldatinnen und Soldaten für die „EU-Battlegroups“ zur Verfügung stehen, wird Personal eben an anderer Stelle abgezogen. Zudem, heißt es aus dem Verteidigungsministerium, gebe es zu viele Nebenaufgaben, die eigentlich nicht vom Heer wahrgenommen werden sollten wie die Bewachung von Botschaften und der Assistenzeinsatz an den Grenzen im Burgenland, der Steiermark, Kärnten und Tirol.

Für den Kosovo-Einsatz, für den jeweils sechs Monate vorgesehen sind, fehlen ohnehin Einsatzkräfte. Das österreichische Kontingent mit zurzeit 275 Soldaten und Soldatinnen umfasst ein Viertel weniger als vorgesehen. Ein Grund dafür dürften auch die „beschränkten Freizeitmöglichkeiten außerhalb der Camps, anders als etwa in Bosnien-Herzegowina“ sein, wie ein Leiter der Stabsarbeit, Udo Hofer, berichtet.

Tanner sprach in diesem Zusammenhang von einem Entwurf zur Erhöhung der Auslandszulagen. „Ich glaube auch nicht, dass Entlohnung der einzige Faktor ist, aber auch einer, den man nicht vernachlässigen darf“, sagte sie.

Es habe sich aufgrund der Ereignisse im Norden „vielleicht um einen etwas ungünstigen Zeitpunkt gehandelt“, den österreichischen Abzug anzukündigen, sagte Kontingentskommandant Mautz. Doch auch die Aufklärungskompanie würde im Kosovo belassen und „wir verlieren nicht an Stellenwert innerhalb der KFOR“, so der Oberst.

Auch die Militärpolizisten verbleiben im Kosovo, hier hat Österreich seit Anfang November wieder die Leitung inne, die halbjährlich mit der Schweiz wechselt. Nicht nach Wien zurück müssen auch die zurzeit acht österreichischen „Aufklärer“, die 45 Kilometer südlich von Pristina stationiert sind und dort in einem angemieteten Haus wohnen. Sie übermitteln Lagebilder, treffen etwa in regelmäßigen Abständen Bürgermeister, sprechen mit Einheimischen auf der Straße, im Geschäft oder Wirtshaus und fangen die Stimmung ein. Diese Lagebilder würden gut zeigen, „hier ist etwas im Busch oder nicht“.


Blick auf Pristina


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Die internationale Schutztruppe KFOR wird von der NATO geführt und ist seit dem Ende des Kosovo-Kriegs 1999 vor Ort. Der Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, was aber weder von der Regierung in Belgrad noch von der serbischen Minderheit im Kosovo anerkannt wird. Serbien ist EU-Beitrittskandidat, der Kosovo reichte im vergangenen Dezember offiziell sein EU-Beitrittsgesuch ein. Haupthindernis ist, dass fünf EU-Mitgliedsländer – Spanien, Rumänien, die Slowakei, Griechenland und Zypern – den Kosovo nicht anerkennen. Spätestens am 1. Jänner 2024 sollen Kosovaren visafrei in die EU-Staaten reisen dürfen. Der Kosovo ist der einzige Westbalkanstaat, in dem noch Visa nötig sind.

APA 12/2023

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