Zeltschulen im Flüchtlingslager

In der Nähe von Barelias. Die Stadt in der Bekaa-Ebene hat 25.000 Einwohner und liegt 50 Kilometer von Beirut entfernt. Umgeben von Feldern sieht man Planen und zeltähnliche Behausungen – die Unterkunft geflüchteter Syrerinnen und Syrer.

“Wir suchten uns jene Lager mit den schlimmsten Zuständen aus, um zu helfen”, sagt Ranim Ganama. Zusammen mit ihrem Sohn Sammy und anderen freiwilligen, “hauptsächlich reichen” Helferinnen und Helfern organisierte die gebürtige Syrerin ein permanent beheiztes Zelt, damit die Kinder einen Platz zum Spielen haben. Auch Kleidung, Decken, Feuerholz wurden beschafft. Dann sah man: In dem Camp lebten auch Lehrerinnen und Lehrer. So entstand die Idee, “Zeltschulen” aufzubauen und die NGO “Alphabet for Alternative Education” zu gründen. Zwei deutsche NGOs unterstützen die Schulen, von ihnen kommen auch die Computer.

Die zwei Zeltschulen bei Barelias werden von 600 Kindern und Jugendlichen besucht. Der Lehrplan orientiert sich am syrischen Curriculum. Die Lehrerinnen und Lehrer bekämen 500 US-Dollar pro Monat – etwas mehr, wenn sie auch Eltern in Alphabetisierungskursen unterrichteten. “Lohn” wird das nicht genannt, denn die Geflüchteten dürfen offiziell nicht arbeiten: “Wir nennen es Spende”, sagt Sammy Ganama.

Früher war der Ort ein Lager für syrische Arbeiter – nun ist er die Unterkunft für Geflüchtete aus Syrien. 80 US-Dollar müsse man für einen Platz an die privaten Grundbesitzer bezahlen – Strom und Wasser kosten extra. Mitunter teilen sich zwei, drei Familien eine improvisierte Unterkunft. Die meisten der dort Lebenden arbeiten auf den umliegenden Feldern. Ob sie den vollen Lohn am Ende der Woche erhalten, ist nicht immer sicher. Der Großteil der Geflüchteten erhält keine staatliche Unterstützung. Den Grundbesitzer des Zeltlagers nennt Ganama “Diktator”: Der Mann habe so viel Geld, dass er gar nicht wüsste, was er damit machen solle. Doch wer seinen Platz, auf dem er seine Behausung errichtet habe, nicht bezahlen könne, werde zum Arbeiten mitgenommen. In den Zelten sei es im Sommer sehr, sehr heiß und im Winter sehr, sehr kalt.

Was sie am stärksten bräuchten? “Psychologische Hilfe”, antwortet der Lehrer aus Raqqa.

Libanon-Reise/April 2019

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