Auch in der Botschaft in Berlin wird Nationalfeiertag gefeiert. Mehrere hundert Österreicher – insgesamt leben 220.000 in Deutschland – und internationale Gäste sind eingeladen, heuer unter dem Motto „Vorarlberg trifft Berlin“. Die Kapelle Schwarzenberg spielt auf und es gibt Käsknöpfle. Bevor ich allerdings in den Genuss Österreichischer Spezialitäten komme, erhalte ich noch welche aus Berlin – von einem regionalspezifischem Schmankerl zum nächsten also.
Ich winke ein Taxi heran. „Juten Tach, juten Tach“, sagt der Fahrer. Die Musik im Auto ist ohrenbetäubend. Während der Mann zügig fährt, dreht er sich zu mir. „Machen Sie es sich jemütlich! Enfach mal uff die Musik achten“, sagt er. „Hab ick selbst zusammenjestellt. Wat Italienisches oder Spanisches oder so. Sang Se mal, in welche Richtung jehts?“ „Ähm, ich weiß nicht so recht, was denken Sie?“, antworte ich und bekomme zwei Sekunden Zeit, mir zu überlegen, welcher Weg wohl der kürzeste ist. Sogleich ergreift der Mann das Wort und ich verstehe: An den Fahrtweg hat er bei seiner Frage gar nicht gedacht. „Icke?“, sagt er. „Allet, wat ins Ohr jeht, allet, wat schmeichelt. Nur Oper nüscht. Dit is mir keene Musik in dem Sinne. Aber ditte hier,
haaach.“ Schon ist seine Hand am Knopf und dreht noch ein wenig lauter. Mir fallen fast die Ohren raus, es klingt nach Adriano Celentano, Udo Jürgens’ „Griechischer Wein“ und Wildecker Herzbuben in einem – und das sehr laut. „Na, was sagen Se?“ Ich lächle hilflos, nicht nur wegen der Musik. Auf den Straßen ist viel Verkehr, doch der Fahrer lässt nicht davon ab, sich ständig zu mir zudrehen, um mir beim Sprechen in die Augen zu schauen.
Zwei Mal reißt er gerade noch das Lenkrad herum. „Bist wohl lebensmüde, wa?“, ruft er einem Radfahrer zu. Schon ist er wieder bei mir: „In meinem Leben wars nie langweilig – oder an meiner Seite, höhö. Ick hab jesoffn wie n Loch und jerocht wie n Kesselflicker. Mit 35 hab ick die Kurve jekriegt. Und mit 60 die letzte Zigarette. Warn so 40, 50 am Tach jewesen. Aber mir jehts jut, mir tut nüscht weh. Man müsste dem großen Zampano danken, dass ditte so jeht. Aber wann spricht man mit dem? Wennste Zipperlein hast. Dann frachste: ,Warum bloß icke?’ Det Fahren hier, det macht Spasss. Schön mit de Kundschaft plaudern. Rente absitzen, ditte wär nüscht. Höhö. Und Berlin, ditte is doch dufte, wa?“
Erschienen in: OÖNachrichten, 10/2015